I saw Mommy killing Santa Clause

Eine böse Weihnachtsgeschichte

Ich zerlegte gerade meinen Mann, als es draussen im Wohnzimmer laut rumpelte.

Vorsichtig öffnete ich die Badezimmertür und spähte hinaus.

Alles war voller Qualm. Vor dem Kamin rappelte sich eine übergewichtige Gestalt ächzend in die Höhe. Der Kerl trug einen roten Anzug, falsche weiße Haare und eine lächerliche rote Zipfelmütze auf dem roten Kopf.

Als er mich im Türrahmen sah, zuckte er zusammen. Er richtete sich auf und setzte zu einem keuchenden “Hoh, Hoh-” an. Aber als sein Blick auf meine fleckige Schürze und das Messer in meiner Hand fiel, blieb ihm sein Spruch im Hals stecken. Er musste erst ein paarmal schlucken, bevor er noch ein drittes fragendes “-Hoh?” hervorstoßen konnte. “Was … was machen Sie da?”, fragte er.

Ich ging langsam auf ihn zu, er trat einen Schritt zurück. Hastig klaubte er den Sack auf, der neben ihm am Boden lag und hielt ihn vor sich.

“Was ich da mache??” Ich zeigte mit der Klinge auf ihn. “Die Frage ist doch wohl, was du hier machst?” Ich musterte ihn von oben bis unten. “Ah ja”, nickte ich spöttisch, “ich sehe schon… Sehr originelle Verkleidung für eine Diebestour!”

“Diebestour?” Er schaute mich verständnislos an. “Aber… Aber ich bin doch-”

“Na klar”, lachte ich auf. “Der Weihnachtsmann, oder? Das kannst du deinen anderen ‘Kunden’ erzählen!”

Ich ging weiter auf ihn zu. Er stand da jetzt mit eingezogenem Kopf, in die Ecke gedrängt zwischen Kamin und Fernsehregal.

“Aber ich bin doch wirklich…” Seine Stimme zitterte. Er blickte unruhig zwischen mir und der Badezimmertür hin und her.

Plötzlich erstarrte er.

Ich drehte mich um und folgte seinem Blick. Im sanften Schein der indirekten Beleuchtung sah es gar nicht so schlimm aus: nur ein bisschen Blut und ein nackter Fuß, der über den Rand der Wanne lugte.

“Freundchen”, seufzte ich. “Du hast dir leider die falsche Zeit und den falschen Ort für deinen Einbruch ausgesucht!”

Er keuchte laut auf.

Ich schaute ihm tief in die Augen. “Schsch…”, sagte ich sanft.

Er entspannte sich und hob den Kopf ein wenig.

“Wir haben Glück”, flüsterte ich ihm ins Ohr, während ich schnitt. “In meiner Wanne ist auch noch Platz für dich.”

Sein Wimmern klang wie ein immer müder werdendes “Hoh … hoh … hoh …”

(zuerst veröffentlicht beim Schreibwettbewerb „Seitenwind“ 12/2023 des Papyrus Community Forums)

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